Immunsystem von Kindern schrittweise aufbauen

In der modernen, medikamentoriertierten Medizin sind wir immer damit befasst, das Ergebnis komplexer Zusammenhänge (z.B. Krankheit) auf einen einzigen Faktor zu reduzieren, diesen zu beeinflussen und dadurch zu therapieren:

So versuchen die Firmen eine (1!) bestimmte Wirksubstanz gegen eine Krankheit zu suchen/zu entwickeln, diese in Tablettenform zu patentieren, zu produzieren und damit die Krankheit zu behandeln.

Aber: bei der Vorbeugung chronischer Erkrankungen (also das Gesund-Halten der Kinder 😉) halte ich diesen Ansatz für viel zu kurz gegriffen.

Ein gesundes und starkes Immunsystem ist das Ergebnis vieler Faktoren. Somit musst Du auch viele Faktoren im Auge haben, wenn Du die Abwehrkräfte Deines Kindes stärken willst.

 
 

Dieser Weg ist sicher etwas mühsamer und langwieriger als das Schlucken von Vitaminpillen, verspricht dafür aber bleibenden Erfolg - langfristig hat man auf diesem Weg auch sehr viel weniger Arbeit und Mühe mit Krankheiten.

In diesem Artikel habe ich die wichtigsten Schritte zur Immunsystemstärkung zusammengefasst.

Du wirst sehen, dass sich mehr oder weniger alles um unseren Darm dreht. Die einzelnen Schritte entsprechen keiner zeitlichen Abfolge und sollten idealerweise parallel aufgegleist werden.

Natürlich gibt es noch viel mehr Faktoren. Wenn Du diese 4 abgedeckt hast, dann hast Du den Grossteil des Weges schon geschafft! 👏 Alles Weitere ist nur noch Feinschliff.

1. Darmmikrobiom

Vaginale Geburt oder zumindest vaginal seeding

Um den Darm Deines Kindes und seine Bewohner (das Mikrobiom) gesund zu erhalten, kannst Du sehr früh anfangen. Allein schon durch die vaginale Geburt bekommt Dein Kind unzählige schützende Bakterien mit auf den Weg!

Bei einer Kaiserschnittgeburt sollte Folgendes beachtet werden: das Baby ist nicht durch den Geburtskanal durchgegangen, ihm fehlen also die natürlichen Bakterien der Mutter.

Heutzutage wird bei Strep-B-negativen und Herpes-freien Mamis das sogenannte vaginal seeding oft praktiziert: mit einem Tupfer werden Bakterien aus dem Geburtskanal direkt auf die Haut des Babys übertragen. Diese guten Bakterien können sie sich auf der Babyhaut ganz normal vermehren und ein ähnliches Mikrobiom aufbauen, wie das von natürlich geborenen Babys.

 
 

Stillen

Gleich nach der Geburt geht es weiter durch das Stillen. Nicht nur nimmt Dein Kind Bakterien auf diesem Weg auf, es erhält auch quasi vorgefertigte Antikörper von Dir, die es in den ersten Monaten seines Lebens schützen.

Wenn die ganze Familie eine Krankheit durchmacht, bildet ja die Mami Antikörper auf das entsprechende Virus. Einige dieser Antikörper kommen durch die Muttermilch auch dem Baby zugute!

Probiotika

Bei den Probiotika unterscheide ich die natürlichen, die Dein Kind mit der Nahrung aufnimmt und die künstlichen, die als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich sind.

(Auf die probiotische Ernährung werde ich noch später im Artikel eingehen.)

An der probiotischen Nahrungsergänzung scheiden sich die Geister. Die Einen sind der Meinung, dass alle Kinder aufgrund der heutigen Umweltbelastung in regelmässigen Abständen ein probiotische Kur erhalten sollten.

Andere, und zu denen gehöre auch ich, sehen bei gesunden Kindern die probiotische Ernährung als grundlegend an. Eine probiotische Kur sollten NUR Kinder erhalten, die, aus welchem Grund auch immer, ein schwächeres Immunssystem haben.

So eine Darm-Aufbaukur machen wir mit Probiotika sehr hoher Qualität. Das Ganze geht ca. 3-4 Monate. In der Praxis empfehle für solche Fälle sehr gerne die Symbioflor-Serie: jeweils 4-6 Wochen Pro Symbioflor, Symbioflor 1 und Symbioflor 2 (oder z.B. als Gesamt-Kur erhältlich)

Babys mit gesundem Darm haben kurzfristig weniger Blähungen und Verstopfung, langfristig weniger Allergien, Übergewicht und Hautausschläge.

 
 

2. Ernährung

Die Trends unserer Gesellschaft wirken leider der Entwicklung von gesunden Ernährungsgewohnheiten entgegen.

Uns wird suggeriert, dass wir einen riesigen Supermarkt voller Fertigprodukte und Früchte aus aller Welt brauchen.

Das Gegenteil ist der Fall.

Regionalität

In unserer Region wachsen Früchte und Gemüse, die zu unserem Klima passen und auch die daraus entstehenden Beschwerden therapieren können.

Bananen haben z.B. einen kühlenden, befeuchtenden Charakter und machen in einem trockenen, heissen Klima durchaus Sinn. Bananen können aber in unseren Breitengraden Erkrankungen mit Verschleimung verstärken und aufrechterhalten.

Der uns allen gut bekannte Apfel hingegen hat einen wärmenden Charakter und kann auch bei Erkältungen weiter konsumiert werden.

Saisonalität

Gurke wirkt befeuchtend, Tomate kühlend und beide wachsen in unseren Breiten im Sommer.

Was Deinem Kind im Sommer guttut, kann ihm im Winter schaden.

Zudem kommt das Gemüse von weit her und Du kannst schlechter kontrollieren, ob es mit Pestiziden behandelt wurde oder nicht.

 
 

Diversität

Wir sind Allesfresser 😋 und darauf sind auch die Bakterien im Darm Deines Kindes eingestellt. Je breiter die Nahrungspalette Deines Kindes ist, desto besser. Das gilt insbesondere, da viele verarbeitete Lebensmittel vor allem auf Zucker/Stärke und Fett/Öl basieren.

Zur breiten Nahrungspalette gehören auch die Prä- und Probiotika.

Beispiele für präbiotische Nahrungsmittel sind Hafer, Roggen, Zwiebeln, Lauch, Knoblauch und natürlich Muttermilch.

Probiotische Lebensmittel sind (am besten selbst hergestellte) Produkte wie Sauerkraut, Joghurt, Kefir, saure Gurken, Apfelessig usw.

Naturbelassenheit

Je kürzer der Weg vom Erzeuger zur Küche, desto besser kannst Du kontrollieren, ob die Lebensmittel naturbelassen sind und desto frischer sind sie auch.

Das beginnt in Deinem Garten, wenn Du zu den Glücklichen gehörst, die einen haben.

Natürlich kannst Du nicht die Luft- oder die Wasserqualität beeinflussen und auch ich selbst wundere mich manchmal, wie manche Plastikteilchen in meinen Kompost gekommen sind. Das sind Faktoren, auf die Du keinen Einfluss hast.

Aber zumindest sind Deine Gartenprodukte nicht chemisch behandelt, saisonal und regional.

Die nächstbeste Lösung ist der Bauer um die Ecke. 🚜

Dort bekommst Du einen Einblick, wie die verkauften Produkte produziert werden und kennst den Bauer vielleicht sogar persönlich.

Auch hier spielt natürlich Vertrauen eine grosse Rolle und 100%-ige Sicherheit gibt es nirgends.

Wer auch diesen Luxus nicht hat, kann auf dem Wochenmarkt oder halt auch im Supermarkt auf Bioprodukte aus der Region zurückgreifen.

 
 

All das bedeutet am Anfang etwas mehr Arbeit und Einschränkung. Mehr Arbeit, weil Du selbst kochen musst, anstatt auch Fertigprodukte zurückzugreifen. Einschränkung, weil Du auf einen Teil der Supermarktprodukte verzichten solltest.

Am Ende bringt das aber eine Einfachheit und Entschleunigung ins Leben, die für sich schon Gold wert ist.

So simpel wie möglich gilt auch für die Getränke. Am besten ist immer Wasser. An zweiter Stelle kommen Tees und danach frische Säfte in kleineren Mengen.

3. Umwelt

Unser Mikrobiom existiert nicht nur im Darm und auf den Schleimhäuten Deines Kindes, sondern auch in seiner unmittelbaren Umgebung, also zu Hause.

Aufenthalt im Freien

Mikroorganismen kann Dein Kind nicht nur über die Nahrung aufnehmen, sondern auch über das Spielen an der frischen Luft. Du willst gar nicht wissen, was Dein Kind dabei alles anfasst und die Bakterien danach zum Mund befördert! 😬

Tatsächlich wird sein Mikrobiom dadurch erneuert und bereichert. Nur in extrem seltenen Fällen werden dabei schädliche Bakterien aufgenommen, die wiederum vor allem für eine geschwächte Immunabwehr gefährlich werden können.

Körperpflege

Bis hierher ging es um die Vermeidung von Giftstoffen in unserem Körper. Solche Toxine können aber auch über die Haut aufgenommen werden.

Achte also bitte darauf, wenige (!!!) und auf natürlicher Basis hergestellte Produkte zu verwenden, die das körpereigene Mikrobiom Deines Kindes unterstützen.

Medikamentöse Cremes sollten nicht bei jeder Kleinigkeit, kurzfristig und nur nach ärztlicher Verschreibung verwendet werden.

Haustiere

Der Kontakt zu Tieren, entweder den eigenen, oder z.B. der Nachbarn, Bauernhof usw. bereichert ebenfalls unser Mikrobiom. Das heisst konkret, dass Kinder die regelmässig Kontakt haben zu Hunden, Katzen und anderen Tieren viel mehr “gute” Bakterien auf ihrer Haut haben. Im Idealfall sollten Kinder mit mehr als 2 verschiedenen Tierspezies Konakt haben, auch wenn es nicht jeden Tag ist.

Wenn Ihr keine Haustiere halten könnt oder wollt, können Eure Kinder vielleicht mit dem Hund der Nachbarn spazieren gehen oder mit der Katze ihrer Freunde kuscheln. 🐕‍🦺🐈

Haustiere tun soviel für unsere Kinder!

Im nächten Absatz werde ich noch auf die Psyche eingehen und wie wichtig sie für unser Immunsystem ist.

 
 

Haustiere können massgeblich zur Psychohygiene Deines Kindes beitragen.

Sie sind die Ersten, die Dein Kind an der Tür begrüssen, immer da, es zu trösten oder mit ihm zu spielen oder einfach Gesellschaft zu leisten. Auch introvertierte Kinder reden mit ihren Haustieren und finden so ein Ventil für schwierige/unangenehme Emotionen.

Hygiene

Sauberkeit im Haushalt ist fraglos wichtig. Manchmal wird aber das Heim mit einer Intensivstation verwechselt, die so steril wie möglich sein sollte.

Um auch hier die nützlichen Bakterien unserer Umgebung zu schützen, solltest Du biologisch abbaubare und weniger aggressive Reinigungsmittel (z.B. kein Chlor) nutzen. Gleiches gilt auch für Waschmittel.

Toxine

Gifte finden sich überall in unserer Umwelt, sodass wir diesen nicht mehr aus dem Weg gehen können. Wir können diese aber reduzieren, indem wir darauf achten, welche Kleidung oder Haushaltsuntensilien wir kaufen.

Beim Kauf von Matratzen oder auch Möbeln braucht es schon ein wenig mehr Geduld und Studium, um die ökologischsten und am wenigsten belasteten Produkte zu finden.

Wer die Zeit und die Ressourcen hat, kann auch beim Hausbau auf natürliche Materialien achten, auch wenn ich weiss, dass die Wenigsten diese Möglichkeit haben. Wir selbst als Familie konnten z.B. bisher keinen Einfluss haben auf die Baumaterialien unserer Mietwohnungen haben.

Klima

Manche chronische Beschwerden wie z.B. Asthma können sich unter bestimmten klimatischen Bedingungen verbessern. Es lohnt sich für Dich, darauf zu achten, ob Dein Kind am Meer oder in den Bergen weniger Beschwerden hat.

Ich habe schon von Eltern gehört, die aus diesem Grund für ihre Kinder umgezogen sind, wenn es die Arbeit erlaubt hat. Zumindest aber kannst Du mit Deiner Familie häufiger am gleichen Ort Urlaub machen, wenn es der Gesundheit Deines Kindes zuträglich ist.

Auch eine Heilpause am Meer von wenigen Wochen kann z.B. für ein Kind mit Neurodermitis Wunder wirken, wenn sich seine Haut in dieser Zeit erholen kann.

4. Entspannung/Stressabbau

Stress oder innere Spannung schädigen unsere Gesundheit im Allgemeinen und besonders das Immunsystem.

Deshalb ist es wichtig, Kinder so früh wie möglich schon mit entspannenden bzw. stressabbauenden Techniken in Kontakt zu bringen.

Dabei muss die Aktivität auch dem Kind entsprechen und es braucht manchmal einige Zeit und Geduld, bis Du fündig wirst.

Achtsamkeit

Der Alltag unserer Kinder ist heutzutage sehr schnelllebig und überladen. Das führt nicht selten zu einer Entfremdung von uns selbst und unserer Umwelt. Dem kannst Du durch einfach Achtsamkeitsübungen entgegenwirken.

Macht zusammen einen Waldspaziergang und frage dabei Dein Kind, wie die Luft riecht, was es hört oder gerade denkt.

Frage es, was es in einem bestimmten Moment fühlt oder verbringt Zeit auf einer Parkbank und beobachtet einfach die Wolken und die Umgebung.

Andere schöne Ideen sind Kinderyoga-Übungen (entweder in einer Gruppe oder mit YouTube-Videos) oder besondere Gute-Nacht-Geschichten, die herrliche sanfte Hypnosetechniken enthalten, wunderbar als Kindergeschichte verpackt wie dieses hier:

 
 

Sport! ⚽️🏀🥎

Eine wunderbare Art des Stressabbaus ist Sport.

Besonders als Ausgleich zur Schule finde ich Sport wichtig und, auch wenn das etwas stereotyp klingt, praktisch lebensnotwendig vor allem für Jungen! Auch sehr aktive Mädchen brauchen dringend regelmässig Sport.

Manchmal weiss Dein Kind schon selbst genau, welche Sportart es ausprobieren möchte, manchmal musst Du ein wenig nachhelfen.

Zusätzlich zum Stressabbau und der körperlichen Fitness gibt Sport Deinem Kind auch die Gelegenheit, soziale Kontakte mit Kindern zu knüpfen, die ähnliche Interessen haben. Der Sport wird sie dann im besten Fall bis ins hohe Alter begleiten und fithalten.

 
 




Zurück
Zurück

Unfallverhütung bei Kindern

Weiter
Weiter

Mittelohrentzündung ohne Antibiotika behandeln - wie geht das?