Verstopfung - Ursachen bei (Klein)Kindern

Ich möchte ein Thema ansprechen, das viele Kinder und Erwachsene betrifft: Verstopfung. Dieser erste Artikel befasst sich mit dem Verständnis des Mechanismus und im nächsten Artikel werde ich wirksame Maßnahmen zur Bewältigung und ihre Umsetzung behandeln.

Verstopfung ist ein chronisches und komplexes Problem.

 
 

Es wurden unzählige Bücher darüber geschrieben, und Tausende von Ärzten auf der ganzen Welt beschäftigen sich damit. Es gibt sogar spezialisierte Verstopfungszentren, deren Hauptfokus die Behandlung von Verstopfung bei Kindern oder Erwachsenen ist.

Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen, insbesondere in westlichen Ländern, haben häufig Schwierigkeiten, auf die Toilette zu gehen.

Verstopfung ist auch das häufigste Problem, mit dem ein Kinder-Gastroenterologe (Magen-Darm-Spezialist) in seiner Praxis konfrontiert wird. Daher kann man sagen, dass ich in diesem Bereich sicher nicht viel mehr weiß als diese Fachleute. 😉

Ich möchte dir einfach sagen, wie ich es sehe und wie ich damit umgehe, damit du das Problem vielleicht besser handhaben kannst.

Mythen und Missverständnisse rund um dieVerstopfung

Zunächst einmal möchte ich mit den Mythen rund um dieses Thema beginnen, und von denen gibt es viele. Damit meine ich nicht, dass diese Ansichten völlig falsch sind, sondern dass sie nicht zwangsläufig die alleinige Ursache oder automatische Lösung des Problems darstellen.

1. Das Kind trinkt nicht "genug" Wasser

Es gibt viele Leute, die behaupten, dass Kinder, die nicht viel Wasser trinken, Verstopfung haben und dass das Problem gelöst wird, wenn sie mehr Wasser trinken. Das kann ich aus meiner Praxis so nicht bestätigen. Ich kenne viele Kinder, die ausreichend hydriert sind, viel Wasser trinken und reichlich Obst und Gemüse essen (die auch eine große Menge Wasser enthalten) und dennoch Schwierigkeiten haben, auf die Toilette zu gehen.

2. Das Kind isst nicht genügend Gemüse

Ein weiterer Mythos besagt, dass der Mangel an Gemüse immer schuld an Verstopfung ist: dass ein Kind nur deshalb Verstopfung hat, weil es wenig oder gar kein Gemüse isst. Das wäre logisch, aber es stimmt nicht. In meiner Praxis habe ich Patienten, die viel gekochtes und rohes Gemüse essen und dennoch extrem verstopft sind. Gleichzeitig gibt es auch Kinder mit einer eindeutig ungesunden Ernährung, die dennoch täglich und ohne jegliche Probleme auf die Toilette gehen können.

Ich stimme auf jeden Fall der Aussage zu, dass Essen unsere Medizin ist und "du bist, was du isst".

Ich bin überzeugt, dass eine schlechte Ernährung sich irgendwann auf die eine oder andere Weise rächt, es sei denn, man hat "gute Gene", wie wir gerne sagen.

Trotzdem sehe ich in der Praxis, dass eine ballaststoffarme Ernährung NICHT zwangsläufig zu Verstopfung führt. Oftmals verbessern Eltern die Ernährung ihrer Kinder erheblich, sehen aber, dass das Problem nicht vollständig gelöst ist. Dies zeigt, dass in der Regel viele Faktoren zusammenkommen müssen, damit ein Kind eine Verstopfung entwickelt.

3. Pflanzenöl löst die Verstopfung

Ein weiterer Mythos ist, dass wenn man täglich rohes Olivenöl konsumiert, man keine Probleme mit Verstopfung haben wird. Auch das ist nicht wahr. Es stimmt, dass rohes Olivenöl, genauso wie rohes Leinöl, sehr hilfreich sein kann, aber es löst nicht alle Fälle von Verstopfung. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre! Dann würden wir diese Öle jedem empfehlen, das Problem wäre gelöst und es gäbe nicht all diese Studien zum Thema.

4. Noch ein Mini-Mythos

Zu guter Letzt gibt es den Glauben, dass tierische Produkte, Schokolade, Eier oder Milchprodukte Schuld an Verstopfung sind. Wenn du dir ein Video über Verstopfung ansiehst und die Kommentare liest, wirst du verstehen, was ich meine. Es gibt viele Menschen mit der absoluten Überzeugung, dass diese ihre Lösung die allein richtige ist.

Es stimmt, dass all diese genannten Faktoren einen negativen Einfluss darauf haben können, wie leicht wir auf die Toilette gehen können, aber sie sind selten der alleinige Grund für Verstopfung.

Bei einigen Kindern reicht es manchmal aus, einen Faktor zu ändern: Wenn sie zum Beispiel aufhören, Milchprodukte zu konsumieren, und sich innerhalb von 2-3 Wochen ihre Verdauung "normalisiert", sehen wir, dass dieses Kind eine Milchzuckerunverträglichkeit hatte und ihr Darm besser funktioniert, solange sie diese Lebensmittel meidet. Aber das gilt sicherlich nicht für alle.

Hauptursachen für Verstopfung bei (Klein)Kindern

Lass uns zu den 9 Hauptfaktoren übergehen, warum Kinder meiner Erfahrung nach tatsächlich Verstopfung entwickeln.

Normalerweise liegt nicht nur ein Faktor, sondern eine Kombination von 2 bis 3 Faktoren vor:

1. Flüssigkeitsmangel

Der erste Faktor ist tatsächlich der Mangel an Flüssigkeit. Wenn ein Körper zu wenig oder ungeeignete Flüssigkeiten zu sich nimmt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Verstopfung.

Ein klassisches Beispiel ist ein Kind, das seinen Durst mit Milch stillt. Das ist eine sehr schlechte Gewohnheit - Milch wird nicht als Flüssigkeit betrachtet, sondern als Nahrung, und tatsächlich hat dieses Kind eine größere Wahrscheinlichkeit, eine Verstopfung zu entwickeln.

Wir benötigen eine ausreichende tägliche Flüssigkeitszufuhr, mindestens etwa 1 Liter, damit unser Körper genug Flüssigkeit im Dickdarm halten und weichen Stuhl ausscheiden kann.

Wenn der Körper zu trocken ist, nehmen mittelfristig auch die Stuhlgangsprobleme zu.

2. Verarbeitete Lebensmittel

Der zweite Faktor ist eine problematische Ernährung, die arm an Ballaststoffen und voll von Snacks, verarbeiteten Lebensmitteln, stärkehaltigen Lebensmitteln, Weißmehl, Pasta, Süßigkeiten, Kuchen, Keksen und ähnlichen Dingen ist.

Auf diese Weise werden keine ausreichenden Ballaststoffe konsumiert, sodass im Darm nicht genug “Ballast” gebildet wird, um Stuhl zu bilden, der genug Flüssigkeit enthält, um sich ordnungsgemäß durch den Darm zu bewegen.

Eine Ernährung von minderer Qualität erhöht das Risiko, früher oder später eine Verstopfung zu entwickeln.

3. Bewegungsmangel

Das dritte Thema betrifft nicht nur Kinder, sondern auch uns Erwachsene! Es ist der Mangel an regelmäßiger körperlicher Aktivität.

Stell dir mal einen typischen sitzenden Tag vor: Das Kind wacht morgens auf, geht zum Tisch und setzt sich auf den Stuhl, dann steigt es in den Bus, mit dem Bus zur Schule, wo es den ganzen Tag sitzt, und dann wieder mit dem Bus nach Hause, wo es entweder den ganzen Nachmittag am Schreibtisch oder auf der Couch sitzt und dann schlafen geht. Natürlich macht es keinen Unterschied, ob es einmal oder zweimal pro Woche zum Tai-Chi oder Taekwondo geht, auch wenn es besser als nichts ist. Vergleiche dieses Kind mit einem anderen, das sich mit Freunden trifft, Fußball spielt und sich regelmäßig bewegt, springt und Sport treibt. Es muss kein organisierter oder bezahlter Sport sein - in meiner Kindheit haben wir Verstecken gespielt und herumgetobt! 😉

4. Konstitution und genetische Veranlagung

Wir sind, wer wir sind, und unsere Eltern sind, wer sie sind. Daran können wir nichts ändern, aber ob wir es mögen oder nicht, Vererbung spielt eine spürbare Rolle in der Darmfunktion.

Es gibt Eltern, die sagen, dass sie ihr ganzes Leben lang mit Verstopfung zu kämpfen hatten und erkennen, dass ihr Kind möglicherweise auch Schwierigkeiten haben wird. Interessanterweise haben Kinder dieser Eltern, weil sie das Problem kennen und sich intensiv damit beschäftigt haben, oft weniger Probleme als Kinder von Eltern, die sich nicht damit auseinandergesetzt haben und sich zum Beispiel nicht darüber Gedanken gemacht haben, was sie ihrem Kind zu essen geben oder wie viel Zeit ein Kind draußen verbringt, um sich zu bewegen, zu rennen und Fahrrad zu fahren.

Dieses Kind kann seine Füsse nicht auf den Boden stellen und muss sich sehr festhalten, um nicht in die Toilette zu fallen - keine ideale Position, um sich zu entspannen, oder?

5. Falsche Sitzhaltung auf der Toilette

Der fünfte Faktor, der meiner Meinung nach fast immer übersehen wird, ist die schlechte Haltung auf der Toilette.

Dies ist besonders wichtig bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen. Oft sehen wir, dass Kinder vom Töpfchen, auf dem sie ihre Geschäfte gut erledigt haben, auf die Erwachsenentoilette mit Kindersitz umsteigen, den wir für kurze Zeit behalten.

Sobald das Kind einmal sagt, dass es den Sitz nicht will, weil es so wie sein älterer Bruder oder wie wir "große Leute" sein will, nehmen wir ihn wieder heraus und wundern uns dann, warum sich die Situation mit den Stuhlgängen immer weiter verschlechtert.

Was dabei passiert, ist, dass das Kind nicht richtig auf der Toilette sitzen kann, da sein Po zu klein ist. Daher hängen oft die Beine herunter und das Kind spannt sich leicht an, um in Position zu bleiben. Auf diese Weise kann es nicht den Beckenboden entspannen und die Stuhlentleerung klappt nicht richtig.

Die ideale Haltung für die Darmentleerung ist die gleiche, die wir einnehmen, wenn wir unser Geschäft draußen in der Natur in den Büschen erledigen 😃.

Die Knie sollten also viel höher sein als die Hüften.

Auf diese Weise erreichen wir einen besseren Winkel und müssen nicht so stark drücken, Schmerzen haben und Hämorrhoiden und Fissuren (Schleimhautrisse) entwickeln.

Denk mal darüber nach, ob du oder dein Kind Schwierigkeiten mit dem Stuhlgang habt. Früher sagten wir, man solle Telefonbücher vor die Toilette legen, damit die Knie hochgehen und man richtig und bequem sitzen kann.

Kleine Kinder brauchen einerseits immer eine Sitzerhöhung/-verkleinerung, um erst einmal richtig sitzen zu können, und anschliessend noch einen Hocker, auf dem sie ihre Füße abstellen, damit sie sich gut abstützen und entspannen zu können.

Dieser Hocker ist hoch und für kleine Kinder geeignet, damit sie fest mit ihren Füßen darauf stehen können und die Knie hoch haben, wenn sie auf der Toilette sitzen.

6. Schlechte Toilettengewohnheiten

Das bedeutet, dass wir die Toilette sehr gehetzt, sehr selten oder zu spät aufsuchen. Es kann also sein, dass ich auf die Toilette gehen möchte, es aber aufschiebe, weil ich noch etwas zu tun habe, oder die Kinder vermeiden die Toilette, weil sie mit dem Spielen auf dem Tablet beschäftigt sind.

In dem Moment, in dem ein Kind das Bedürfnis verspürt, aufzustehen und auf die Toilette zu gehen, weiss es nicht, wie wichtig es ist, auf seinen Körper zu hören, und später haben sich die Kotreste bereits wieder nach oben bewegt, und diese körperliche Funktion und Regulation verliert ihre Normalität.

Auf diese Weise “läuft der Darm über”. Ein so strapazierter Darm hat nicht die gleiche Fähigkeit, sich zusammenzuziehen und den Kot ordnungsgemäß zu transportieren.

Das Ergebnis? Das Kind schlittert allmählich oder auch relativ schnell in eine Verstopfung.

7. Angst

Der siebte Faktor ist besonders wichtig für Kinder: die Angst vor Schmerzen.

Viele Kinder können für einige Tage Verstopfung oder gelegentlich härtere Stühle haben. Vielleicht haben sie etwas anderes gegessen, nicht genug getrunken, waren auf Reisen oder krank und haben deshalb anders gegessen/getrunken... Manchmal können wir den Grund nicht genau feststellen, aber das ist kein Weltuntergang.

Mit kleinen Kindern passiert jedoch Folgendes: Wenn sie ein- oder zweimal Schmerzen beim Stuhlgang haben, kommt ihnen plötzlich die brillante Idee, einfach nicht auf die Toilette zu gehen!

Sie vermeiden es, auf die Toilette zu gehen, halten es zurück und sagen, dass sie "nicht müssen".

Wir wissen jedoch alle, dass es keinen anderen Weg gibt, als auf die Toilette zu gehen. Es ist ein bisschen wie bei der Geburt, diese Stühle müssen rauskommen und sie müssen regelmäßig rauskommen, je regelmäßiger, desto besser. Idealerweise sollten wir jeden Tag auf die Toilette gehen, sowohl Erwachsene als auch Kinder.

Wenn wir also nicht von Anfang an darauf achten und dieses Verhalten korrigieren, wartet das Kind zunächst für kurze Zeit, dann noch etwas länger, und je länger der Stuhl im Darm bleibt, desto trockener und härter wird er.

Warum passiert das?

Dazu kommt es, weil der Darm dem Stuhl weiterhin Flüssigkeit entzieht, je länger dieser im Körper bleibt. Dadurch sammeln sich mehr Exkremente an, und je mehr sich ansammeln und je dichter sie werden, desto voluminöser werden sie auch. Das führt dazu, dass es mehr Schmerzen verursacht, wenn sie schließlich doch herauskommen.

So wird das Kind immer ängstlicher und wir geraten in einen verrückten Teufelskreis, in dem Kinder zehn oder zwölf Tage lang keine Ausscheidungen haben. Sie werden schlecht gelaunt, unruhig und noch träger, und es kommt zu kleinen Unfällen ("Durchsickern") von Stuhl in die Unterwäsche. Es ist offensichtlich, dass damit auch Probleme mit der Umgebung (z.B. Schule) einhergehen. Mit der Zeit dreht sich das ganze Familienleben darum, wann dieses Kind endlich wieder Stuhlgang haben wird.

Wenn du bemerkst, dass auch dein Kind in diese Richtung geht, dann ist es sehr wichtig, das Übel schnell an der Wurzel zu packen und das Thema mit deinem Kinderarzt zu besprechen, bevor es chronisch wird. Ich habe Kinder gesehen, die 15 Jahre lang unter Verstopfung litten. Es begann mit einer Krankheit, ironischerweise meistens einer Magen-Darm-Infektion. Sie hatten Durchfall, dann dauerte es eine Weile, bis sie wieder normal essen konnten, und dann entwickelte sich die Verstopfung. Sie hatten ein- oder zweimal Angst vor Schmerzen und begannen dann, den Stuhlgang zurückzuhalten.

8. Probiotikaarme Ernährung

Ein weiterer Faktor, der mit schlechter Ernährung zusammenhängt, ist der Mangel an probiotischen Bakterien.

Wenn unsere Ernährung von minderer Qualität ist, enthält sie in der Regel auch nicht genügend probiotische Bakterien. Wenn wir also anstelle von frischen Lebensmitteln pasteurisierte und verarbeitete Nahrungsmittel essen, ist nichts darin mehr wirklich natürlich und lebendig.

Wenn wir etwas direkt vom Baum oder aus dem Garten essen, enthält es immer noch lebendige Bakterien, die uns bei der Verdauung unterstützen und unserem Körper helfen, auf der Darmebene richtig zu funktionieren.

In Mangelsituationen kann die Einnahme von Probiotika (als Nahrungsergänzungsmittel) sowie probiotischen Lebensmitteln (siehe Absatz 4 HIER im Artikel) oft erheblich helfen.

9. Körperliche Erkrankungen

Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zu den körperlichen Erkrankungen schreiben, die Verstopfung verursachen können.

Es gibt einen kleinen Prozentsatz (ich betone das!) von Fällen, in denen Kinder aufgrund wegen einer organischen Störung (z.B. Schilddrüsenunterfunktion), Darmproblemen oder anderen hormonellen Problemen an Verstopfung leiden.

Wenn dein Kind also eine Verstopfung hat, die länger als ein paar Wochen andauert und nicht erklärt werden kann, dann ist es zumindest einmal ratsam, Untersuchungen durchzuführen.

Sprich mit deinem Kinderarzt, um die Möglichkeit einer solchen organischen Erkrankung auszuschließen. Wenn die Untersuchungen negativ sind, kannst du dich dann darauf konzentrieren, "das Problem zu lösen".

 
 
Zurück
Zurück

Verstopfung bei Kindern - Wie geht man damit um?

Weiter
Weiter

Wie werde ich die Windel los?