Schröpfen bei Kindern - Methode und Anwendung

Wer schon einmal etwas vom Schröpfen gehört hat, bringt die Methode vor allem mit der traditionellen chinesischen Medizin in Verbindung. Unabhängig davon wurde das Schröpfen aber auch in Europa vor nicht all zu langer Zeit praktiziert. Die ein oder andere Grossmutter aus dem osteuropäischen Raum oder aus Griechenland kann sich vielleicht noch daran erinnern.

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Die Methode wurde wiedergeboren, als immer mehr Athleten und Stars sich in der Öffentlichkeit mit den typischen Schröpfmalen zeigten.

Das beste Beispiel ist Michael Phelps, der sich bei den olympischen Spielen mit Schröpfmalen ablichten liess:

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… nicht sehr lange später folgte Gwyneth Paltrow mit den charakteristischen runden Blutergüssen auf dem roten Teppich:

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Wie funktioniert das Schröpfen?

Das Schröpfgefäss wird entweder auf bestimmte, auch für die Akupunktur benutzte Punkte aufgesetzt (z.B. am Rücken bei Husten), kann aber auch direkt über schmerzenden Bereichen (z.B. bei Schulterschmerzen) angewendet werden. Das Schröpfgefäss wird durch die Erzeugung eines Vakuums über der entprechenden Stelle angesaugt.

Beim klassischen Schröpfen mit gläsernen Gefässen wird der Unterdruck im Glas durch eine Flamme erzeugt.

 
Klassisches Schröpfglas

Klassisches Schröpfglas

 

Beim modernen Schröpfen mit Gefässen aus Plexiglass ist die Technik einfacher. Der Unterdruck wird durch eine Handpumpe erzeugt.

 
Schröpfgefäss aus Plexiglass mit Vakuumpumpe

Schröpfgefäss aus Plexiglass mit Vakuumpumpe

 

Durch den Unterdruck kommt es zu Veränderungen in der Blut- und Lymphzirkulation. Für die charakteristischen blauroten Blutergüsse ist das Bersten von kleinsten Blutgefässen verantwortlich, wie hier im Foto zu sehen ⬇️:

 
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Das Ganze wird auch als trockenes Schröpfen bezeichnet. Es gelten dafür die folgenden Regeln:

  1. Die Methode wird für gewöhnlich an bestimmten Punkten des Körpers angewendet, die denen von Akupunktur oder Tuinamassage entsprechen.

  2. Häufig können die Gefässe auch direkt über dem schmerzenden Areal aufgesetzt werden (z.B. Schulter).

  3. Wurde vorher ein wenig Öl auf die Haut aufgetragen, kann bei leichtem Sog das Schröpfgefäss z.B. hoch und runter bewegt und so eine Massage durchgeführt werden.

Bei Kindern wende ich entweder das trockene Schröpfen oder die Schröpfmassage an.

Je nach Therapeut und Land (z.B. in arabischen Ländern) wird auch “blutig” geschröpft.

Dabei wird die Haut an den ausgewählten Punkten oberflächlich eingeritzt. Darüber wird das Schröpfgefäss platziert. Durch den Unterdruck werden einige Tropfen Blut aus den kleinen Wunden gesaugt.

Der Therapeut nutzt diese Methode um entweder Toxine oder überschüssige Energie auszuleiten, welche die Symptome des Patienten verursachen. Die Methode kann auch Hitzewallungen in der Menopause sehr eindrücklich lindern.

Schröpfen - eine jahrtausendealte Therapie

Was viele nicht wissen ist, dass das Schröpfen eine der ältesten Therapiemethoden der Welt ist. Keiner weiss genau, wann es erstmals angewendet wurde. Die ältesten Quellen finden sich aber in Mesopotamien um 3300 v. Chr.

Auch im antiken Ägypten, Griechenland, China und sogar in Afrika war diese Therapie weit verbreitet. Es scheint fast so, also ob Menschen in verschiedenen Teilen der Welt das Schröpfen unabhängig voneinander endeckt und angewendet hätten.

In Europa fand das Schröpfen auch systematisch in Spitälern bis etwa 1940 als Therapie Anwendung.

Mit dem Aufstieg der klassischen, medikamentenbasierten Medizin geriet das Schröpfen über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit.

Modernes Schröpfen

Nach wie vor wird das Schröpfen in asiatischen und arabischen Ländern (dort als “Hijama” bekannt) häufig praktiziert. Besonders in den vergangenen Jahren hat die Methode aber auch in Europa und in den USA eine Renaissance erlebt. Bei uns kennt man das Schröpfen aus TCM-Praxen oder vom Physiotherapeuten, wo es in Kombination mit anderen Therapien wie Akupunktur oder Massage eingesetzt wird.

In der Regel sind es entweder Ärzte, Phyiotherapeuten oder TCM-Therapeuten, die das Schröpfen anbieten. Da die Methode mit modernen Schröpfsets einfacher zu erlernen ist, finden sich auch immer mehr Laien, die bestimmte Beschwerden daheim therapieren. Es ist tatsächlich keine Hexerei, man braucht kein Diplom, sondern nur eine gute Anleitung plus ein Schröpfset um die ersten eigenen Erfahrungen sammeln zu können.

Für was ist Schröpfen eigentlich gut?

Es gibt eine Fülle von Symptomen, die durch Schröpfen entweder gelindert oder sogar geheilt werden können.

Bei Kindern schröpfe ich bei Problemen wie Husten, Fieber, Asthma, Bronchitis oder auch Verdauungsbeschwerden. Auch Periodenschmerzen und nächtliches Einnässen gehören zu den Anwendungsbereichen.

Haupteinsatzgebiet bei Erwachsenen sind muskuloskelettale Schmerzen (Schulter, Kreuzschmerzen), Erkältungen, Verdauungsbeschwerden, sowie Periodenbeschwerden.

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Ist Schröpfen gefährlich und tut es weh?

Es ist eine ungefährliche Therapiemethode. Beim trockenen Schröpfen hängt das Schmerzempfinden vor allem vom erzeugten Unterdruck ab. Je stärker dieser ist, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass das Schröpfglas als schmerzhaft empfunden wird. In diesem Fall sollte das Glas nochmals mit geringerem Sog aufgesetzt werden.

Korrekt angewendet sollte das Schröpfen nicht wehtun!

Ich empfehle stets bei der ersten Sitzung mit sehr geringem Sog zu arbeiten und dann langsam den Unterdruck zu erhöhen, solange das schmerzfrei möglich ist. Das Schröpfen sollte in einer entspannten Umgebung stattfinden und das durch den Sog erzeugte Gefühl von leichtem Zug sollte vom Patienten als angenehm empfunden werden.

Das Gleiche gilt auch für das blutige Schröpfen, wobei es hier in seltenen Fällen zu Wundinfektionen kommen kann. Wie schon erwähnt, wende ich diese Methode aber nicht bei Kindern und Jugendlichen an.

Wie wirksam ist das Schröpfen?

Ich selbst habe folgende Erfahrung gemacht:

Zum ersten Mal bin ich mit dieser Methode nach meinem Medizinstudium und fast am Ende der Facharztausbildung Kinder- und Jugendmedizin in Berührung gekommen.

Inzwischen bin ich der Meinung, dass es eine wirksame und einfache Therapie ist, die man auch daheim bei zahlreichen Gesundheitsproblemen anwenden kann. Ich therapiere damit meine Familie, meine Patienten und lehre Eltern in der Praxis und online im “Mami heilt” Kurs die Anwendung von Schröpfsets.

Obwohl ich Schulmedizinerin bin, tut es mir bisweilen Leid zu sehen, wie diese jahrtausendealte Therapiemethode innerhalb von wenigen Jahrzehnten lächerlich gemacht und verdrängt wurde. Als Ärzte sollten wir allein und ohne Vorurteile daran interessiert sein, ob mit einer Therapie nebenwirkungsarm einem Patienten geholfen werden kann, vor allem dann, wenn die Schulmedizin für ein bestimmtes Problem nur eine Therapie der Symptome, aber keine Heilung anbieten kann.

Das Schröpfen ist KEIN Allheilmittel!

In der Alternativmedizin wie auch in der Schulmedizin gibt es keine Therapie, die allen hilft - dafür sind wir zu verschieden. Abhängig von der Ursache und Art der Beschwerden lohnt es sich aber, das Schröpfen entweder als alleinige Therapie (z.B. bei Husten) oder unterstützend zusammen mit anderen Therapien anzuwenden.

Als Kinderärztin sehe ich im Schröpfen eine exzellente und vielseitige Therapie vor allem auch in den Händen der Eltern, womit sie sowohl akute Beschwerden behandeln, als auch chronische Krankheiten angehen können, bei denen andere Therapien bisher versagt haben.

So sehe ich zum Beispiel häufig Eltern in der Praxis, die sich mit ihrem asthmakranken Kind vorstellen. Ihnen bringe ich die Technik und entsprechenden Therapiepunkte bei, zeige ihnen aber auch, wie sie das Schröpfset bei anderen Beschwerden ihres Kindes (z.B. Beginn einer Erkältung) nutzen können.

Gibt es Studien?

Nein, es gibt keine Studien dazu und ja, diese von Millionen Menschen genutzte Methode, die sich über jahrtausende gehalten hat, wird aufgrund der fehlenden Studien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in Frage gestellt.

Es gibt zwar kleinere Studien zum Thema “Schröpfen bei Rückenschmerzen”, aber sowohl die Ausführung als auch die zweistelligen Patientenzahlen entsprechen nicht den Ansprüchen an eine qualitativ hochwertige Studie.

Und ehrlich gesagt, sehe ich aus folgenden Gründen auch nicht am Horizont, dass derartige Studien durchgeführt werden:

  1. Es ist eine sehr therapeutenabhängige Methode, denn dieser entscheidet je nach Patient und Beschwerde, welche Punkte wie häufig mit wieviel Sog therapiert werden. Diese Individualität kann man nicht in einer Studie standardisieren.

  2. So gut wie niemand finanziert und überwacht eine systematische Studie zu einer Therapie, die sich nicht patentieren lässt und billig ist!!!

Ich sage das ohne Wertung, ohne die Schuld auf die bösen Pharmafirmen zu schieben. Sie sind nicht Mutter Theresa und wollen ein Produkt, dass sie teuer entwickelt haben dann auch mit Gewinn verkaufen. Welchen Sinn hätte dann also eine Studie zum Schröpfen?

Es ist anderseits nur natürlich, dass mich als Ärztin mehr der Gewinn des Patienten interessiert, als der der Pharmafirmen 😉.

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Ist Schröpfen wirksam und wie erklärt sich das?

Die durch das Schröpfen bewirkte Linderung und Heilung von Beschwerden (z,.b. Schmerzen) werden in der Schulmedizin durch eine Aktivierung der Blut- und Lymphzirkulation erklärt.

Die traditionelle chinesische Medizin sieht den Schmerz als eine Blockade im Fluss der Lebensenergie Chi. Diese ist unmittelbar mit Lymph-und Blutfluss verbunden. Bringt man die Zirkulation durch das Schröpfen in Gang, dann wird auch die Blockade und damit die Beschwerden aufgehoben. Durch den im Schröpfgefäss erzeugten Unterdruck werden auch die Poren der Haut erweitert, worüber schädigende Substanzen (Toxine) den Körper verlassen können.

Was sind die Vorteile des Schröpfens?

  • Es ist eine einfache und günstige Therapie. So ist ein qualitativ hochwertiges Schröpfset für etwa 40-60€ zu haben. Es hält jahrelang und kann unzähligen Familienangehörigen mit ihren Problemen helfen.

  • Die Schröpfgefässe sind einfach zu transportieren und werden nicht elektrisch betrieben.

  • Die Therapie ist enorm vielseitig. Viele Alltagsbeschwerden wie Fieber, Husten, nächtliches Einnässen, Verdauungsbeshwerden, Schmerzen oder auch eine generelle Energielosigkeit können damit behandelt werden.

  • Unterstützend kann das Schröpfen auch bei schwereren Verletzungen eingesetzt werden, um die Dauer bis zur vollständigen Genesung zu verkürzen.

  • Man kann auch einfach nur den Alltagsstress durch eine Rückenmassage mit einem einzelnen Schröpfgefäss entschärfen.

  • Die nicht sehr schön anzuschauenden Schröpfmale ausgenommen, die aber nach wenigen Tagen verschwunden sind, ist es eine praktisch nebenwirkungsfreie Therapieform, besonders wenn man sie mit medikamentösen Therapien vergleicht.

Für uns Eltern ist es eine Möglichkeit, selbst unseren Kindern und der ganzen Familie zu helfen, wieder gesund zu werden. Dieses Privileg haben wir leider in den vergangenen Jahrzehnten komplett an den Gesundheitssektor abgegeben und das Wissen unserer Gross- und Urgrosseltern nicht übernommen.

Hat das Schröpfen Nebenwirkungen?

Es sind vor allem die runden Schröpfmale, mit denen sich so mancher besonders im Sommer nicht sehen lassen möchte. Neugierige Fragen sind einem auf diese Art aber sicher…. 😂.

Sehr selten (ich selbst habe es nie gesehen) kann sich bei empfindlicher Haut eine Blase bilden. Dann wurde entweder mit zuviel Unterdruck gearbeitet oder das Schröpfgefäss zu lange auf der Haut belassen.

Es sollte nicht über offenen Wunden oder bei Hauterkrankungen behandelt werden, da dadurch die Wundheilung verzögert respektive die Hauterkrankung verschlimmert werden kann.

Wer Blutgerinnungshemmer einnimmt, eine Blutgerinnungsstörung oder unter chronischen Erkrankungen leidet, sollte die Therapie zunächst IMMER mit seinem behandelnden Arzt besprechen.

Was gilt es zu beachten?

Die Schröpfmale verschwinden genau wie Blutergüsse nach etwa 7-10 Tagen, häufig auch früher. Am deutlichsten sind sie nach der ersten Therapie. Wer aus welchen Gründen auch immer nicht mit diesen charakteristischen Blutergüssen gesehen werden möchte, sollte die letzte Therapie z.b. 10 Tage vor dem Strandurlaub planen.

Es wird nicht empfohlen, sich direkt nach einer Therapie schwer körperlich zu belasten (z.B. Sport). Es ist besser, sich danach mehrere Stunden lang Ruhe zu gönnen und zu entspannen.

Grosse Mahlzeiten direkt vor einer Therapie sollten vermieden werden. Im Idealfall sollte ein Abstand von circa 2 Stunden zur letzten Mahlzeit eingehalten werden.

Für ein gutes therapeutisches Ergebnis muss der angewandte Unterdruck wohldosiert sein, damit der Sog am Gewebe als angenehm und nicht schmerzhaft empfunden wird.

Und nochmals - bei bekannten Vorerkrankungen sollte der Hausarzt vor Beginn einer Therapie sein okay geben. Das gilt insbesondere bei Einnahme von Blutgerinnungshemmern, bei bekannte Herzrhythmusstörungen und Blutgerinnungsstörungen.

Schwangere sollten vorher mit ihrem Gynäkologen sprechen. Allgemein wird vom Schröpfen nach dem 4. Schwangerschaftsmonat abgeraten.

Direkt über offenen Wunden oder krankhaften Hautveränderungen sollte nicht geschröpft werden.


Das Wichtigste zum Schröpfen zusammengefasst

  1. Das Schröpfen ist eine der ältesten Therapiemethoden der Welt und und wird auch heute noch erfolgreich von Millionen Menschen genutzt.

  2. Es existieren verschiedene Methoden. Der zum Schröpfen notwendige Unterdruck kann entweder durch offenes Feuer oder durch eine Handvakuumpumpe erzeugt werden.

  3. Die Therapie hat so gut wie keine Nebenwirkungen und kann sehr gut bei Kleinkindern und Babys verwendet werden.

  4. Am häufigsten wird das Schröpfen bei Husten, Schmerzen der Wirbelsäule, Periodenschmerzen, Verdauungsstörungen und auch bei allgemeiner Abgeschlagenheit genutzt.

  5. Je nach Vorerkrankungen sollte eine Therapie vorgängig mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

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